Nicht ohne Grund gehört die Portraitfotografie zu den Königsdisziplin, an die sich viele Fotografen nicht heranwagen wollen. Bei einem gelungenen Portrait ist nicht nur die richtige Licht- und Kameratechnik entscheidend, sondern auch Faktoren wie die Perspektive, der passende Bildausschnitt und eine schöne Location spielen eine große Rolle. Das Ziel eines fesselnden Portraits ist er hierbei, eine bestimmte Aussage zu übermitteln oder eine Geschichte zu erzählen. Häufig transportieren Portraitaufnahmen auch bestimmte Emotionen und Stimmungen, wodurch eine gewisse Vertrautheit zum Model entsteht. Was genau beim Portrait fotografieren entscheidend ist und was es zu beachten gibt, erfährst Du hier.
Portraits fotografieren – die passende Ausrüstung
Die Portraitfotografie ist eine wahre Kunst, bei der es meiner Meinung nach eher weniger auf eine teure Kamera Ausrüstung ankommt. Denn auch ohne Profi-Kamera können wunderschöne und fesselnde Portraitfotos entstehen.
Doch natürlich gibt es bestimmtes Equipment, welches sich besonders eignet, um Portraits zu fotografieren und um Deinem Bild einen besonders schönen Effekt/Stil zu verleihen.
Kamera für Portraits
Für die Portraitfotografie eignen sich natürlich Kameras mit umfangreicher Auswahl an Wechselobjektiven, um verschiedene Stile und Perspektiven zu erhalten. Ebenfalls ist es stets von Vorteil, hohe ISO-Werte verwenden zu können ohne, dass zu viel Rauschen im Bild auftritt. So können auch bei schlechten Lichtverhältnissen noch gute Bilder aufgenommen werden. Für eine gute Auflösung ist auch die passende Sensorgröße entscheidend. Was bei der Kamerawahl alles beachtet werden sollte ,erfährst Du hier: Welche Kamera passt zu mir?
Doch wie schon gesagt, ist es nicht zwingend notwendig sich eine teure Kamera zu kaufen – auch mit der alten Spiegelreflexkamera der Eltern und einem einfachen Kit-Objektiv können tolle Aufnahmen entstehen!
Objektive für Portraitbilder
Für Portraitfotos eignen sich sowohl Standardobjektive als auch Makro- oder Teleobjektive sehr gut. Generell ist es empfehlenswert sich hierbei für ein lichtstarkes Objektiv zu entscheiden, da diese mit der Offenblende besonders schöne Effekte wie Bokeh oder einen unscharfen Hintergrund erzielen können. Ist von Lichtstärke die Rede, ist die größte einstellbare Blendenöffnung, die das Objektiv zulässt, gemeint. Eine gute Lichtstärke bedeutet in diesem Fall also, auch bei schlechten Lichtverhältnissen ein gutes und helles Bild aufnehmen zu können.
Wann genau man ein Objektiv als lichtstark bezeichnet, erfährst Du hier: Kamera-Objektive
Bei der Wahl der Brennweite werden meist Objektive von 70mm bis etwa 130mm empfohlen, da diese das Model besonders gut freistellen können. Die richtige Brennweite hängt allerdings stets von den erwünschten Effekten ab. So kann man auch die Bildwirkung von kurzen Brennweiten absichtlich als Stil verwenden. Bei kurzen Brennweiten (wie bei Weitwinkelobjektiven) ist es allerdings häufig der Fall, dass Proportionen fehlerhaft abgebildet werden und so beispielsweise die Nase einer Person besonders groß wirken kann. Doch auch eine Brennweite von 50mm kann gerne zum Portrait fotografieren verwendet werden. Diese Standard-Brennweite entspricht der natürlichen Wahrnehmung des menschlichen Auges.
Insbesondere Festbrennweiten sind beim Portrait fotografieren von Vorteil, da diese lichtstärker und qualitativ hochwertiger sind als die meisten Zoomobjektive.
Reflektor und Softboxen zum Portrait fotografieren
Selbstverständlich helfen auch Softboxen und Reflektoren bei der richtigen Lichtsetzung für ein schönes Portrait, wie es in Fotostudios zu sehen ist. Reflektoren sorgen für den Ausgleich von Schatten und die passende Belichtung des Gesichtes, wodurch dieses besonders frisch wirkt. So werden beispielsweise ganz ohne Bearbeitung Augenringe schon etwas „versteckt“.
Vor allem für Hobbyfotografen eignen sich die preisgünstigen Faltreflektoren, welche schön klein und praktisch sind.
Diese sind in verschiedene Farben erhältlich. Die Farbe schwarz wird verwenden, um Schatten zu werfen oder Licht zu reduzieren. Bei silbernen Reflektoren wird das Licht sehr hart und ohne Tönung reflektiert, wobei Weiße das Licht hingegen sehr viel weicher und ebenfalls ohne zusätzliche Tönung reflektieren. Bei goldener Farbe wird das vorhanden Licht sehr warm wiedergegeben. Dieses eignet sich also hervorragend für graues und trübes Wetter, weiße Reflektoren sollten eher bei starkem Studiolicht verwendet werden. Die silberne Farbe sollte hingegen eher bei wenig Lichteinfall eingesetzt werden.
Ebenfalls gibt es einen durchsichtige Reflektor, welcher das Licht schön gleichmäßig verteilt und der ideal für Outdoor-Shootings geeignet ist.
Auch andere Lichthilfen, wie Softboxen, sorgen für ein passendes Lichtverhältnis und helfen beim Ablichten von Schatten. Vor allem für Indoor-Aufnahmen kann dies von nutzen sein.
Blitz für Portraitbilder
Natürlich ist die richtige Belichtung beim Portrait fotografieren sehr wichtig. Hierbei kann man einschließlich mit dem gegebenen Licht (das sogenannte available light) arbeiten und dies gezielt einsetzen. Doch wenn Dir das Licht mal einen Strich durch die Rechnung zieht, kann auch zu Hilfsmitteln wie den Blitz gegriffen werden. Durch das Einsetzen eines Blitzes entsteht das berühmte „Augenfunkeln“ und Bilder wirken häufig besonders lebendig und frisch. Doch hierbei spielt natürlich der richtige Einsatz des Blitzes eine Rolle, damit keine ungewollten harten Schatten oder ähnliches im Bild stören. Hierfür kann sowohl der integrierte Blitz der Kamera als auch ein extra Aufsteckblitz verwendet werden. Generell würde ich hierbei zu einem Aufsteckblitz raten, da dieser einige Vorteile mit sich bringt. Beispielsweise ist bei diesem die Leuchtrichtung individuell verstellbar, wohingegen ein integrierter Blitz stets frontal auf das Motiv trifft. So wirkt das Gesicht häufig blass und verliert stark an Kontur und Tiefe.
Ebenfalls kann die Intensität des Aufsteckblitzes bestimmt werden, wodurch dieser deutlich heller eingesetzt werden kann als ein gewöhnlicher Kamerablitz. Wenn Du also nicht immer von der Laune des Wetters abhängig sein willst, ist der Einsatz eines Blitzes sehr sinnvoll.
Requisiten und Zubehör für Portraitfotos
Für kreative Portraitaufnahmen, ist es natürlich sinnvoll Requisiten in das Bild mit einzubauen. Vor allem, wenn mit dem Bild eine bestimmte Geschichte übermittelt werden soll, kommt es auf Details wie diese an. Ebenfalls fühlen sich viele Models mit einem Requisit deutlich wohler und sind nicht so angespannt. Hierbei kann so gut wie alles verwendet werden – Stühle, Spiegel, Decken, Blumen.
Portraits fotografieren – die passende Location und Tageszeit
Obwohl natürlich das Model im Mittelpunkt des Bildes stehen sollte, ist auch die gewählte Location entscheidend für ein gelungenes Portrait. Die besten Locations befinden sich direkt vor deiner Tür! Draußen in der Natur entstehen die schönsten Portraitaufnahmen – sei es mitten in der Stadt oder auf einer schönen Wiese. Vor allem draußen fühlen sich Models oft deutlich wohler und freier als in Studios, wodurch häufig natürlichere Bilder entstehen können.
Überall finden sich schöne Orte, die Deinem Bild das „gewisse Etwas“ verleihen. So können verlassene Gebäude oder alte Steinmauern eine düstere Stimmung ins Bild versetzen, wohingegen Blumenfelder eine fröhliche Stimmung transportieren. Lifestyle Bilder können in der City, auf Straßen oder auch Indoor entstehen. Auch Graffitiwände, alte Bahngleisen oder Wälder bieten tolle Fotolocations. Also schau Dich um und mach Dir Deine Stadt zum Studio!
Bei Outdoor Aufnahmen muss natürlich auf das richtige Licht geachtet werden, daher sollte am besten nie zur Mittagszeit fotografiert werden. Zu dieser Zeit steht die Sonne sehr hoch, wobei der Lichtfall nicht optimal ist. Die Shootings sollten also eher auf die Morgen- oder Abendstunden verlegt werden, da die Sonne hier tiefer steht. Ebenfalls bieten sich Sonnenauf- bzw. Sonnenuntergänge ideal für schöne Aufnahmen an.
Portraits fotografieren – die richtige Kameraeinstellung
Die richtige Einstellung der Kamera beim Portrait fotografieren ist nicht allgemein festlegbar. Diese hängt immer von den jeweiligen Lichtverhältnissen und den erwünschten Effekten ab. Bei schlechten Lichtverhältnissen sollte also eher zu einer offenen Blende und einer längeren Belichtungszeit gegriffen werden. Natürlich können hier auch höhere ISO-Werte weiterhelfen. Fotografiert man allerdings ein Model während der Bewegung (z.B. während eines Sprungs) ist es sinnvoller die Verschlusszeit kurz zu halten, um dennoch ein scharfes Bild aufnehmen zu können.
Auch ein unscharfer Hintergrund, der durch eine große Blendenöffnung entsteht, ist bei einem Portrait sehr zu empfehlen. Durch diese geringe Schärfentiefe wird die Person vom Hintergrund freigestellt und von diesem hervorgehoben. Ebenfalls kann durch die Offenblende Bokeh im Hintergrund erzeugt werden, welches einen schönen zusätzlichen Effekt darstellt.
Portraits fotografieren – der Bildausschnitt
Bei Portraitbildern ist es wichtig, das Bild nicht mit zu vielen Details und Informationen zu überladen. Daher ist es häufig sinnvoll, einen kleinen Bildausschnitt zu wählen, um das Model bestmöglichst in den Vordergrund zu rücken. Bei Nahaufnahmen des Gesichts ist es empfehlenswert den Bildausschnitt zu füllen, um Details hervorzuheben und dem Bild mehr Ausdrucksstärke zu verleihen.
Der goldene Schnitt und die Drittelregel
Der goldene Schnitt und die Drittelregel sind Gestaltungsvorgaben, die bei der passenden Bildaufteilung helfen sollen. Durch diese soll die Aufnahme besonders harmonisch wirken.
Bei der goldenen Regel wird das Bild senkrecht in 2 unterschiedlich große Flächen aufgeteilt (im Verhältnis 3 zu 5). Im selben Verhältnis wird nun eine horizontale Linie gezogen. Das „Hauptmotiv“ – in diesem Fall das Model – wird nun auf dem Schnittpunkt der beiden Linien fotografiert.
Bei der Drittelregel wird das Bild gedanklich durch 2 senkrechte und 2 horizontale Linien, welche in selben Abständen verlaufen, in 9 gleich große Teile zerlegt. Das Hauptmotiv sollte nach dieser Regel an den Schnittpunkten zweier Linien liegen oder entlang einer Linie verlaufen.
Durch diese beiden Regeln befindet sich die Person nicht zentral, sondern leicht versetzt im Bild.
Der richtige Fokuspunkt bei Portraits
Bei Portraitaufnahmen ist es sehr wichtig den Fokuspunkt richtig zu setzen, um das Model schön scharf zu fotografieren. Hierbei ist es entscheidend, dass mindestens ein Auge scharf ist – im besten Fall natürlich beide. Wenn der Fokuspunkt nur auf einem Auge liegt, sollte das gewählt werden, welches mehr im Vordergrund steht. Natürlich kann auch das gesamte Gesicht scharf aufgenommen werden. Um sicher zu gehen, dass die Augen letztendlich scharf sind, ist es empfehlenswert den Fokuspunkt manuell festzulegen und nicht die automatischen Fokusfelder zu verwenden.
In manchen Fällen kann der Fokus auch auf ein ganz anderes Objekt als auf das Model gerichtet sein. Hält eine Frau beispielsweise einen Blumenstrauß nach vorn in die Kamera, kann dieser fokussiert werden, wobei die Frau unscharf im Hintergrund abgebildet wird.
Portraits fotografieren – die Lichtsetzung
Wie bereits zuvor erwähnt, kann beim Portrait fotografieren sowohl mit künstlichem Licht durch Blitze oder Softboxen als auch mit available light (vorhandenes Licht) gearbeitet werden. Unabhängig davon, mit welchen Lichtquellen Du arbeitest, kann das verwendete Licht stets zu deinem Vorteil eingesetzt werden. Je nach Einsatz des Lichtes können so verschiedene Stimmungen transportiert werden und Emotionen können betont werden.
So kann beispielsweise durch das Spielen von Schatten eine düstere Stimmung aufkommen, wohingegen warmes Licht für ein wohles Gefühl sorgt.
Hierbei kannst Du mit den Lichtrichtungen, Schatten und deren Härte sowie mit Farben und deren Intensität spielen. So kann auch Gegenlicht oder eine Überbelichtung Deinem Bild einen besondere Look verleihen.
Generell wirkt weiches Licht (von z.B. Softboxen oder draußen in Morgen-/Abendstunden) sehr schmeichelnd auf eine Person, wohingegen hartes Licht von einem Blitz zum Beispiel – vor allem im Zusammenspiel mit Schatten – einer Person besonderen Ausdruck verleiht. Insbesondere bei älteren Personen ist dies sinnvoll, da so Falten hervorgehoben werden und das Bild an Ausdruck gewinnt. Doch auch schwarz-weiß Aufnahmen können in vielen Fällen sehr ausdrucksstark wirken und eine bestimmte Stimmung oder Emotion unterstreichen.
Auch in Innenräumen kann mit dem Sonnenlicht gearbeitet werden. So kann beispielsweise ein Fenster eine Softbox ersetzen. Hierbei kann das Model hervorragend von einem dunklen Hintergrund abgehoben werden. Allerdings ist bei diesem Beispiel auf die Wandfarbe acht zu geben. Helle Wände wirken wie ein Reflektor und werfen das Licht zurück, wohingegen dunkle Wände für weniger Licht sorgen und dieses schlucken.
Bei Outdoor-Aufnahmen ist es vor allem an sonnigen Tagen sinnvoller, Schattenplätze aufzusuchen. Hier gibt es keine überstrahlten Flächen oder extreme Kontraste und es ist nicht zu heiß für das Model.
Portraits fotografieren – die richtige Perspektive
Die Perspektive bei einem Portrait hat sehr viel Einfluss auf die Ausstrahlung einer Person und die Wirkung des Bildes.
Fotografiert man das Model auf Augenhöhe wirkt die Person sehr sympathisch und natürlich. Befindet sich das Objektiv unter der Augenhöhe, wirkt die Person eher mächtiger und selbstbewusst, wohingegen sie auf Aufnahmen über Augenhöhe eher unterlegen und schüchtern wirkt.
Es bieten sich jede Menge verschiedener Perspektiven an, die bei Fotoshootings eingesetzt werden können. So ist es möglich, das Model seitlich oder auch von oben zu fotografieren. Hier ist Deiner Kreativität keine Grenzen gesetzt!
Natürlich hat jede Person seine „Schokoladenseite“, weshalb es keine perfekte Perspektive zum Portrait fotografieren gibt. Perspektiven sehen bei verschiedenen Personen auch unterschiedlich gut aus. Daher sollte man einfach mal verschiedene Perspektiven ausprobieren und herum experimentieren, was gut aussieht und was nicht.
Posen für Portraitfotos
Natürlich ist es bei einem Portrait auch wichtig, das Model richtig in Szene zu setzen. Hierbei sollte die Pose allerdings niemals zu gestellt aussehen. Um dies zu vermeiden, kann man die Person während der Bewegung (z.B. beim Laufen) fotografieren. Auf diese Weise entstehen oft spontane und natürliche Schnappschüsse. Bei einem professionellen Model ist es häufig auch sinnvoll nicht zu viele Anweisungen zu geben, sondern das Model einfach mal selbst machen zu lassen. Erfahrenen Models wissen, wie sie sich gut in Szene setzen und welche Posen gut aussehen.
Zum Posen können weiterhin verschiedene Requisiten wie Stühle oder ähnliches verwendet werden oder man wählt eine Wand oder eine schöne Mauer bei einem Outdoor-Shooting. Probier am besten einfach mal verschiedene Posen aus – fotografiere das Model sitzend oder liegen und mal lässig an eine Wand gelehnt.
Auch der Blickwinkel des Models kann gerne verändert werden. So muss das Model nicht stets direkt in die Kamera schauen, sondern kann auch mal nach unten oder in die Ferne blicken. Selbstverständlich spielt auch der Gesichtsausdruck eine große Rolle für die Aussage Deines Bildes.
Je nachdem, welche Stimmung das Portrait transportieren soll, kann das Model also fröhlich, ernst, traurig oder verträumt schauen. Auch das Lachen sollte hierbei nie gezwungen oder zu verkrampft aussehen.